Johann Joseph Ignaz von Döllinger (1799-1890) war Theologe und Professor für katholische Kirchengeschichte in München. 1871 wurde er wegen seiner Rom- und jesuitenfeindlichen Haltung exkommuniziert. Besonders kämpfte er gegen das Unfehlbarkeitsdogma des Papstes, wodurch er zum geistigen Urheber des Altkatholizismus wurde, ohne dieser Kirche selbst anzugehören. Trotz dieser Zwistigkeiten war Döllinger stets um eine Wiedervereinigung der getrennten Christenheit bemüht.
Das Bildnis setzt einen neuen Akzent innerhalb der Porträtkunst Lenbachs. Es zeigt nichts mehr von dem frischen Kolorit seiner frühen Bilder, aber auch nicht die dunkle Farbigkeit der von Rembrandt beeinflussten Porträts. Fast könnte man von einem Verzicht auf Farbigkeit sprechen. Der Farbauftrag ist dünn und lasierend, die Physiognomie mit linearen Mitteln charakteristisch herausgearbeitet. Der starke Realismus des Bildes ist deutlich durch die Fotografie beeinflusst.