Sparta - Ebene
Carl Rottmann (1797-1850)

Sparta - Ebene,

1841
Material / Technik / Bildträger
Harz-Ölmalerei auf Putztafel
Maße des Objekts
161,8 x 205,7 cm
Ausgestellt
Nicht ausgestellt
Referat
19. Jahrhundert
Gattung
Malerei
Inventarnummer
WAF 864
Erwerb
1841 durch König Ludwig I. vom Künstler erworben
Bestand
Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München
Zitiervorschlag
Carl Rottmann, Sparta - Ebene, 1841, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/7yxY3mlGYm (Zuletzt aktualisiert am 19.06.2023)
Nach der Ernennung seines Sohnes Otto zum König von Griechenland im Jahr 1832 gab Ludwig I. eine Reihe von Kunstwerken in Auftrag, die dieser Allianz zwischen der deutschen Mittelmacht Bayern und dem neuen Staat auf dem durch Krieg und Misswirtschaft verwüsteten Boden des antiken Hellas monumentalen Ausdruck verleihen sollte. Die bedeutendste Unternehmung auf dem Gebiet der Malerei war der Zyklus der Landschaften Griechenlands, den Carl Rottmann als große Wandbilder zwischen 1838 und 1850 ausgeführt hat. Bereits Anfang November 1832, wenige Monate nach der Einsetzung Ottos und noch bevor dieser nach Griechenland aufgebrochen war, wurde der Entschluss zu diesem Gemäldezyklus gefasst. Er sollte im Anschluss an Rottmanns Italienzyklus im Nordflügel der Hofgartenarkaden seinen Platz finden und die malerische Ausstattung der Arkaden vervollständigen. In der ersten Planung waren 38 Motive vorgesehen. Mit der Ausführung wurde wiederum Rottmann beauftragt, der im August 1834 nach Griechenland aufbrach, um das Studienmaterial zu sammeln. In vierzehn Monaten hat Rottmann unter teilweise schwierigen Bedingungen verschiedene Regionen des Landes und einige Inseln bereist. Dabei entstanden Studien zu einzelnen Motiven, gelegentlich weite Panoramen der Landschaften in Bleistift und Aquarell, und auch schon erste bildmäßig ausgeführte Ansichten. Im Oktober 1835 kehrte Rottmann nach München zurück und entwickelte aus diesem Material die Kompositionen der großen Wandbilder zunächst in Aquarellentwürfen, die er dem Auftraggeber vorlegen musste. Nachdem jeder einzelne Entwurf durch Ludwig abgenommen war, konnte er mit der Ausführung des Wandbildes beginnen. Für die technische Ausführung zog man Konsequenzen aus den schlechten Erfahrungen mit dem Italienzyklus, da sich die Freskomalerei im Freien im nördlichen Klima nicht bewährt hatte und die Bilder schon früh Schäden zeigten. Auch suchte man nach einer Lösung, die Ausführung der Bilder vom späteren Aufstellungsort unabhängig zu machen, sodass nicht nur während der Sommermonate, sondern das ganze Jahr über gemalt werden konnte. Es war wohl Klenze, der das System von transportablen Putzplatten entwickelte, auf denen Rottmann die 23 Gemälde dann zwischen 1838 und 1850 ausgeführt hat. Auch für die Maltechnik wurde nach einer neuen Lösung gesucht, die gegenüber dem Fresko größere Farbtiefe, -reichtum und Beständigkeit ermöglichte. Den Vorstellungen der Zeit zufolge waren diese Eigenschaften in antiken Vorbildern zu finden, die man als Enkaustik interpretierte. Rottmann begann den Zyklus in einem von Franz Xaver Fernbach entwickelten enkaustischen Malverfahren, war jedoch mit der erzielten Bildwirkung nicht zufrieden. Daher überarbeitete er die ersten drei Tafeln mit einer neu aufkommenden Methode, der Harzmalerei nach Friedrich Knirim, in der er auch die folgenden Gemälde ausführte. Das künstlerische Ergebnis wurde sehr gelobt, aber Rottmann zweifelte an der Haltbarkeit seiner ungewöhnlichen Materialien, sowohl am Bildträger als auch am Farbmaterial. Daher wechselte er schon 1840 zu einer traditionelleren Harz-Ölmalerei. Die Zahl der Wandbilder wurde von zunächst 38 Motiven in einzelnen Schritten auf 32, 24 und schließlich 23 reduziert, nachdem im Februar 1840 der ursprüngliche Gedanke einer Anbringung im Freien in den Hofgartenarkaden aufgegeben und eine Aufstellung des Zyklus im Kunstausstellungsgebäude am Königsplatz, seit 1846 jedoch in einem eigenen Saal in der geplanten Neuen Pinakothek vorgesehen war. An den schweren, unhandlichen Putzplatten wurde aber trotz der Entscheidung des Königs, die Bilder nicht äußeren Witterungseinflüssen auszusetzen, sondern im Innenraum zu zeigen, festgehalten. 1853 wurden sie im Rottmannsaal der neu eröffneten Neuen Pinakothek der Öffentlichkeit präsentiert. In der Auswahl der Motive überwiegen erwartungsgemäß Stätten und Landschaften mit besonderer Bedeutung in antiker Zeit. Es stehen Städte von politischer und wirtschaftlicher Macht wie Korinth, Sparta und Theben neben Stätten von kultureller Bedeutung wie Sikyon als Ort der berühmten Malerschule oder Olympia als Heiligtum und Ort der Spiele. Daneben stehen Stätten, die sich durch einzelne historische Ereignisse in das Gedächtnis Europas eingegraben haben wie Marathon und Orte der mythischen Vergangenheit wie Aulis, wo sich die Griechen zum Zug gegen Troja gesammelt haben. Demgegenüber fehlen Stätten der mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Geschichte Griechenlands ganz, und auch Orte mit Bezug zur Zeitgeschichte sind nur in einem Fall vertreten: Pronia bei Nauplia, wo König Otto erstmals den Boden Griechenlands betreten hat und wo auch ein Friedhof bayerischer Soldaten angelegt wurde. Auf dem letzten Bild der Folge, Nemea, erscheint der Auftraggeber schließlich selbst, wie er einer Gruppe von Griechen entgegentritt. Kennzeichnend für den Zyklus in seiner Gesamtheit ist die Beschränkung auf die tatsächlichen Gegebenheiten und der Verzicht auf jede Form von idealisierender Rekonstruktion. An keiner Stelle ist der Versuch unternommen, antike Herrlichkeit wieder aufleben zu lassen. Stattdessen herrscht der Eindruck eines über weite Teile verwüsteten, fast menschenleeren Landes vor. Die Kluft zwischen Vergangenheit und Gegenwart wird besonders deutlich an den Ansichten ehemals großer Städte. Ludwig Lange, der Rottmann auf seiner Reise nach Griechenland begleitet und 1854 einen ersten Kommentar zum Griechenlandzyklus verfasst hat, bemerkt etwa zum Korinth-Motiv: »Der Wechsel der Verhältnisse, die Vergänglichkeit menschlichen Treibens, spricht sich lebhaft genug aus, wenn man bei dem jetzigen Bilde von Corinth sich den Eindruck der berühmtesten Handelstadt Griechenlands zu vergegenwärtigen sucht: wo sonst im regen Verkehr der geschäftige Grieche die Straße durcheilte, da schleppt sich jetzt auf dürrer Steppe das Kameel, seine Nahrung suchend, fort.« Gleichwohl strahlen die verlassenen Landschaften Größe und Würde aus, ein Eindruck, den Rottmann allein durch bildnerische Mittel erzielt. Zeichnen sich die frühen Bilder durch eine lichtere Farbigkeit und größere Nüchternheit der Inszenierung aus, bemerkt man in den späteren Bildern einen Zuwachs an Dramatik in Gestaltung und Beleuchtung. Dies mag mit der Veränderung der politischen Lage in Griechenland zu tun haben, die sich ungünstig entwickelte und 1843 in einer Erhebung gegen Otto fast zum Ende der bayerischen Herrschaft führte. An die Stelle der großen Hoffnung auf ein rasches Aufblühen des Landes unter bayerischer Führung, die vorherrschte, als Rottmann den Zyklus begann, traten Ernüchterung und Resignation. Rottmann kann von diesen Veränderungen nicht unberührt geblieben sein, zumal Ludwig beinahe täglich den Fortgang der Arbeiten im Atelier des Künstlers beobachtete. Trotz dieser Spannungen innerhalb des Zyklus sind Rottmanns Gemälde das künstlerisch schlüssigste Dokument der Griechenlandbegeisterung Ludwigs I. und als Folge monumentaler Landschaftsbilder innerhalb der Malerei der Epoche ohne Vergleich. Die 23 Wandbilder hatten ihren festen Ort im Rottmannsaal der Neuen Pinakothek bis zur Schließung und Räumung des Museums nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Die Putztafeln konnten wegen ihres Gewichts nicht ausgelagert, sondern nur im Keller deponiert werden. Dort erlitten sie nach der teilweisen Zerstörung des Gebäudes erhebliche Schäden. In mehreren Kampagnen restauriert, sind mittlerweile 19 Wandbilder wieder hergestellt. 14 von ihnen können seit Oktober 2003 wieder in der Neuen Pinakothek gezeigt werden, in einem Saal, der anlässlich ihrer 150-Jahr-Feier neu eingerichtet wurde.

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