Ferdinand Oliviers »Brunnen in der Campagna« und die »Campagnalandschaft mit dem Soracte« wurden schon vom Künstler als Pendants verstanden. Olivier, der Italien nie besucht hatte, kannte die Gegend um Rom nur aus literarischen und bildlichen Darstellungen. Daraus formte er seine Idealsicht der Landschaft und ihrer Bewohner, wie sie der romantischen Auffassung reiner entsprach als die unmittelbare Wirklichkeit.
Der Soracte (heute Monte Soratte oder Monte di S. Silvestro), von Olivier im Hintergrund der sonnenversengten hügeligen Landschaft unter wolkenverhangenem Himmel gegeben, ist von alters her der Hausberg der Römer. Bei Horaz spiegelt er den Kreislauf der Jahreszeiten. Ein Wanderer trifft unter einem Baum auf zwei Rastende. Aus dem »Brunnen in der Campagna« holt eine Frau mit einem Tonkrug Wasser. Von einer Felsplatte aus beobachtet sie ein rastender Wanderer. Es kommt den programmatischen Absichten des Künstlers sicher entgegen, die Protagonisten des Bilderpaares als Wanderer auf dem Lebensweg zu deuten, die Frau am Brunnen als engelsgleiche Trostspenderin. In der motivischen Verwandtschaft des ruhenden Mannes und der Wasser schöpfenden Frau klingen auch Erinnerungen an biblische Themen wie Jakob und Rahel am Brunnen an. Solche vielschichtigen Auslegungen wurden von Olivier, der in seinem tief religiös empfundenen Werk die organische Verbindung des Menschen mit dem Kreislauf der Schöpfung in den Mittelpunkt stellte, bewusst angelegt.