"Der Sommer" ist auf den ersten Blick ein für Caspar David Friedrich untypisches Gemälde. Die helle, warme Farbigkeit verbreitet eine unerwartet heitere und gelöste Stimmung. Im Vordergrund ist ein junges Liebespaar in antik anmutender Kleidung zu sehen. Die beiden sitzen eng umschlungen in einer Laube und sind ganz in sich vertieft. Das Glück dieser beiden Menschen wird durch die blühende Natur, die beiden turtelnden Tauben und die weite, anmutige Wiesen- und Flusslandschaft betont. Nichts scheint die Harmonie der Szene zu trüben.
Weiß man jedoch, dass der "Sommer" das Gegenstück zu einer düsteren Winterlandschaft mit einem einsam wandernden Mönch war, die 1931 im Münchner Glaspalast verbrannt ist, kann das Bild nicht mehr nur als harmloses Idyll verstanden werden. Die beiden Gemälde waren Ausdruck der Dualität des Lebens, das zwischen Glück und Niedergeschlagenheit pendelt. Der Gegensatz zwischen persönlicher Erfüllung in der Liebe und in der Freundschaft auf der einen Seite und der Einsamkeit des Individuums auf der anderen trat in diesem Bildpaar sehr deutlich hervor.
Die Jahreszeiten wurden auch in der älteren Kunst häufig in Beziehung zu den Lebensaltern gesetzt. Die Einbindung des Menschen in Natur und Kosmos, sein vorgezeichneter Weg von der Kindheit über die Reife und das Alter in den Tod, zugleich auch seine Verlorenheit in der Welt kommen in den Tages- und Jahreszeitenzyklen der deutschen Romantik - man denke an Runges berühmten Zyklus - besonders deutlich und mit neuer Tragweite des Gedankens zum Ausdruck.