Ferdinand Olivier beschäftigte sich mit der alttestamentarischen Geschichte des Propheten Elias in seinen frühen Münchner Jahren, nach der Übersiedlung 1830 aus Wien. In die felsige Waldlandschaft ist ein Bachbett eingegraben, dessen Wasserlauf in der endgültigen Fassung zu einem Rinnsal vertrocknet ist. Im Hintergrund wächst dichtes Baum- und Buschwerk, doch sind vorne die tektonisch geschichteten Felsplatten öde und karg. Gegenüber der Studie ist im formatgleich ausgeführten Gemälde die Landschaft weiträumiger, die Natur weniger bedrohlich aufgefasst. Hier sitzt Elias am Ufer des Baches Krith, wohin er sich auf Gottes Geheiß zurückgezogen hatte (1. Kön. 17, 1–7). Mit pathetisch ausladender Gebärde begrüßt er den von Gott gesandten Raben, der ihm Fleisch und Brot bringt,
und verweist zugleich auf den Feigenbaum vorne links.
Der Prophet in der Wildnis zeigt exemplarisch die von Olivier angestrebte Verbindung christlicher Themen mit einer sehr lyrischen Landschaftssicht, die ihrerseits religiösen Gehalt einschließt. Oliviers Interesse an dem Elias Stoff beruht somit auf einer tief religiösen Einstellung. Folgerichtig drängt der Künstler jeglichen gefühlvoll-romantischen Aspekt in den Hintergrund und akzentuiert den biblischen Grundgedanken: Verweist die wunderbare Speisung des Elias auf die Einsetzung der Eucharistie, symbolisiert der Feigenbaum den Frieden des messianischen Reiches.