Das Gemälde ist eine qualitätvolle, zeitgenössische Kopie des Berliner Malers Karl Eduard Biermann nach einem Original Schinkels, das nicht mehr erhalten ist. Schinkels Bildschöpfung zeigt die Begeisterung des 19. Jahrhunderts für die gotische Kathedrale auf eindrucksvolle Weise. Gegen den aufgewühlten Himmel erhebt sich die Silhouette der Domkirche mächtig über einem Fluss und einer Stadt. Die filigranen Formen der Fialen, Wimperge und Krabben an den beiden hochaufragenden Türmen setzen sich kontrastreich vom hell strahlenden Hintergrund ab.
Die Darstellung von Architektur spielt in Schinkels bedeutendem malerischen Werk eine zentrale Rolle. Griechische Antike und gotisches Mittelalter stehen sich dabei als Szenerien idealer Vergangenheiten gleichberechtigt gegenüber. Die Gotik wurde dabei gerade in den Jahren der Kriege der deutschen Staaten gegen Napoleon als originär deutscher Stil verstanden, denn die Ursprünge der Gotik in Frankreich waren damals von der Architekturgeschichtsforschung noch nicht ausreichend erkannt und dargelegt. Jede Beschäftigung mit der gotischen Architektur und jede Darstellung von gotischen Formen musste damit auch als Appell an ein neu zu schaffendes deutsches Nationalbewusstsein verstanden werden. Für Schinkels visionäre Darstellung gab es indes keine direkte Vorlage. Vielmehr konstruierte er aus verschiedenen Elementen einen idealtypischen gotischen Kirchenbau, der in dieser Form nie existiert hat.