Die von König Ludwig I. in Tätigkeit gesetzten Bildhauer
Wilhelm von Kaulbach (1804-1874)

Die von König Ludwig I. in Tätigkeit gesetzten Bildhauer,

wohl 1850
Material / Technik / Bildträger
Öl auf Leinwand
Maße des Objekts
81 x 179,5 cm
Ausgestellt
Nicht ausgestellt
Referat
19. Jahrhundert
Gattung
Malerei
Inventarnummer
WAF 412
Erwerb
Vor 1853 durch König Ludwig I. vom Künstler erworben – seit 1923 Wittelsbacher Ausgleichsfonds
Bestand
Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München
Zitiervorschlag
Wilhelm von Kaulbach, Die von König Ludwig I. in Tätigkeit gesetzten Bildhauer, wohl 1850, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/Znxw98oGXg (Zuletzt aktualisiert am 16.07.2024)
Mit dem insgesamt neunzehnteiligen Zyklus bereitete Wilhelm von Kaulbach die Freskierung der Außenwände am Obergeschoss der Neuen Pinakothek vor. Von Ludwig I. 1847 in Auftrag gegeben und bis 1854 abgeliefert, wurden die Skizzen im mittleren der südlichen Oberlichtsäle der Galerie ausgestellt. Dazu lagen Umrisslithographien von Carl Feederle mit der Bezeichnung der Dargestellten aus (siehe folgende Abb.). Der Monumentalzyklus selbst wurde nach den Skizzen und weiteren Vorarbeiten Kaulbachs von 1850 bis 1854 von Friedrich Christoph Nilson, der sich bereits bei anderen königlichen Kunstprojekten bewährt hatte, in gewöhnlicher Freskotechnik ausgeführt. An der Außenfront seines dritten Münchner Museumsbaus, der nach Glyptothek und Alter Pinakothek nun allein der zeitgenössischen Kunst gewidmet war, wollte sich Ludwig I. als Motor und Förderer der neuen deutschen Kunst feiern lassen. Den Anspruch, dass deren Wiedererwachen »durch Seine Majestaet den Koenig hervorgerufen, von München ausgegangen« war (so der Wortlaut des Vertrags zwischen dem König und dem Künstler), sollten an der Eingangswand im Osten sechs Allegorien der Künste manifestieren (Inv. Nr. WAF 413, 414), an der Südwand, der Hauptansicht des Galeriegebäudes, eine Folge von sieben Bildern zur Kunstpolitik Ludwigs (Inv. Nr. WAF 406–412), an der Westseite die Darstellungen der drei bayerischen Kunstanstalten für Glasmalerei, Porzellan und Erzgießerei (Inv. Nr. WAF 416, 417, 419) und an der Nordseite die Huldigungen an den König durch Künstler- und Bürgerschaft sowie ganzfigurige Bildnisse der von Ludwig I. zur Ausführung seiner künstlerischen Interessen berufenen Künstler (Inv. Nr. WAF 415, 418, 420–424). Kaulbach ging die ihm gestellte Aufgabe nicht ohne Kritik und auch mit einiger Ironie an. Nur vordergründig entwarf der Künstler hier eine Quintessenz der kunstpolitischen Ideen des Monarchen und seines Künstlerkreises – beispielhaft sei auf die »Bekämpfung des Zopfes«, der Kunst des spätesten Rokoko, verwiesen, die er mit dem von Ludwig besonders geförderten »Studium der deutschen Künstler neuer Zeit in Rom« konfrontiert. Durch genrehafte Details und satirische Anspielungen wird die Ernsthaftigkeit des königlichen Anliegens aber vielfach gebrochen und karikiert. Das erstgenannte Bild thematisiert nach einem Korrespondenten der Augsburger Postzeitung von 1850 »die Niederlage des Zopfes oder Perückenstyls, welcher als Cerberus oder dreiköpfiges Ungeheuer mit hervorstechenden ranzösischen Physiognomien dargestellt ist, da er ja in allen drei Kunstgebieten gewüthet hat«. Vorn rechts trägt der geflügelte Pegasus drei besonders eifrige Kämpfer. Die Hauptvertreter der Nazarener – Peter von Cornelius, Friedrich Overbeck und Philipp Veit – überrennen einen schlafenden Mann mit einer Gliederpuppe und Büchern in den Armen: Gerard de Lairesse, niederländischer Maler und Schriftsteller und der Inbegriff des Akademismus. Von der linken Seite drohen dem Ungeheuer die Klassizisten unter dem Schutz der Minerva. Asmus Jacob Carstens kämpft mit römischem Schild und Kurzschwert, Bertel Thorvaldsen schwingt seinen Bildhauerhammer und Johann Joachim Winckelmann hat den Cerberus mit seinem Tintenfass getroffen. Ganz links entsteigt Karl Friedrich Schinkel mit Reißlatte und Zeichenmappe »dem Spreesumpf«. In dem anschließenden Bild mit dem Thema der deutschen Künstler in Rom setzt Kaulbach seine satirischen Anwürfe fort. Die Szene spielt eigentlich gar nicht in Rom, denn erst hinter der »porta del popolo« am linken Bildrand, durch die ein junger Maler begeistert einzieht, öffnet sich die Stadt. Folglich studieren die hier versammelten Künstler auch keineswegs die Kunstschätze Roms, sondern wenden ihre ganze Aufmerksamkeit zwei Gruppen aus dem römischen Volk zu. Tanzende Paare und eine Bacchantengruppe dienen den Malern, darunter auch Kaulbach selbst, als Modelle für Naturstudien. Andere – allen voran ist Friedrich Overbeck in devotem Gebet versunken – zeichnen mit etwas zu heiligem Ernst einen alten Kapuzinermönch und eine junge Frau mit Kind auf dem Schoß, eine satirische Anspielung auf die religiöse Malerei in Rom. Mit seiner Auffassung stellt Kaulbach nicht nur die Nazarener, sondern die ganze Auseinandersetzung um die Wiederbelebung einer deutschen Kunst ironisch in Frage. Da Ludwig I. kaum korrigierend in Kaulbachs provokante Konzeption eingriff, lösten die Fresken bei den betroffenen Künstlern teils heftigen Protest aus. Allen Kritikern zum Trost hielten die Wandbilder den Witterungseinflüssen nicht lange stand und waren bis zur Wende zum 20. Jahrhundert fast gänzlich untergegangen. Der Museumsbau selbst fiel dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer.

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