Im September 1834 war Corot in Desenzano, einem damals kleinen Dorf am Südufer des Gardasees. Am Ufer von Riva, an die Nordspitze des Sees, entstand jene kleine Ölskizze (St. Gallen, Kunstmuseum), auf deren Grundlage Corot ein Jahr später in seinem Pariser Atelier das vorliegende große Gemälde ausgeführt hat, das im selben Jahr, 1835, im Salon ausgestellt wurde. Corot, der selbst genau zwischen einer Naturstudie vor Ort und einer Komposition im Atelier unterschied, zeigt hier eine im Atelier komponierte Landschaft. Gegenüber der Skizze hat er kleine kompositorische Veränderungen vorgenommen. Im Vordergrund fügte er als belebende Akzente der Wasseroberfläche Seerosen und Schilfrohr ein.
Um die Asymmetrie der Landschaft durch die gewaltige dunkle Felswand rechts abzuschwächen und die Ausdehnung in die Tiefe zu verstärken, setzte er als Gegengewicht auf die linke Seite eine vom Bildrand überschnittene steile Felsformation. Die gesamte rechte Bildhälfte ist in der Plastizität der kubischen Felsen stärker ausgearbeitet, die mächtige Wand sowie das Sanktuarium sind nicht mehr schräg von der Seite, sondern fast von vorn gesehen wiedergegeben. In der rechten Ecke fügte er eine kleine, den Betrachter anblickende Figur ein. Obwohl das Kolorit der Münchner Fassung von kühler Tonigkeit ist, wobei sich die Kontraste von Hell und Dunkel stark ausprägen, bleibt die lyrische Stimmung des endenden Tages, wie Corot sie in seiner Skizze vor Ort festgehalten hat, erhalten.