François Rupert Carabin muss zusammen mit Jean Carriès zu den bedeutendsten französischen Bildhauern des Jugendstils gezählt werden. Seine Wiederentdeckung vergleichsweise alter Materialien wie Holz und Ton erlaubte eine für den Jugendstil charakteristische Verbindung von dynamisch sich entwickelndem Sujet und organisch gewachsenem Material und gab der Plastik neue Impulse bis hin zur Gestaltung von Möbeln.
In Keramik, zunächst aber auch in verschiedenen Bronzen stellte Carabin die bekannte und in den neunziger Jahren in den Pariser Folies-Bergère erfolgreiche Tänzerin Loïe Fuller als Schleiertänzerin dar. Das auch von anderen Bildhauern der Zeit vielfältig bearbeitete Thema bot sich dem Jugendstil an, da weniger die ausdrucksstarke körperliche Geste von Interesse war als das Fließen von Gewändern, die sich verändernden Oberflächen und die in den Raum ausgreifenden Figuren. Loïe Fuller war hier mit der Erfindung des Serpentintanzes zur herausragenden Protagonistin geworden, die ihre Choreographie durch wechselnde Bühnenbeleuchtung und mittels an Stangen befestigter Stoffbahnen zunehmend vom Körper abstrahierte. Wie Ursel Berger vermerkt, war sie selbst auf der Bühne ein Jugendstilobjekt, und so zeigt sie auch Carabin in dieser kleinen Statuette: zum Teil gänzlich mit dem Schleier verschmolzen und das Material zugleich mit perfekter Leichtigkeit beherrschend.