Wir sehen in einem schmucklosen, hohen Zimmer 15 Personen dargestellt, von denen einige zu den namhaftesten Künstlern Frankreichs der Zeit um 1800 gehören. In der Tradition der holländischen Gruppenbildnisse stehend, ist hier durch die zwanglos miteinander kommunizierenden, elegant modisch gekleideten Menschen größter Wert auf die Individualität des Einzelnen gelegt, indem die Verhaltensweisen jeder einzelnen Person sehr natürlich und gelöst erscheinen. Entsprechend dieser äußerst geschickten, zugleich zusammenfassenden Kompositionsweise gleitet der Blick des Betrachters ungehindert in die Runde.
Das im Salon der Académie de France 1808 ausgestellte Atelierbild erregte Aufsehen und ist im damaligen Ausstellungskatalog genau beschrieben. Demnach sind die hier versammelten Personen als Schüler des damals hochberühmten François André Vincent (1746-1816) zu identifizieren, der hier seiner Gemahlin, Adélaïde Labille-Guiard, beim Malen so interessiert zuschaut; sie ebenfalls war seine Schülerin. Gegenstand dieser Porträtsitzung ist der hochbetagte Historienmaler des Ancien Regime Joseph-Marie Vien (1716-1809), seinerseits einst Lehrer von Monsieur Vincent. Das Gemälde versteht sich im weiteren Sinn als "Freundschaftsbild", als Hommage an ihre Lehrerin und Freundin Labille-Guiard, die bereits acht Jahre zuvor gestorben war.