Bauer beim Pfropfen eines Baumes
Jean-François Millet (1814-1875)

Bauer beim Pfropfen eines Baumes,

1855
Material / Technik / Bildträger
Öl auf Leinwand
Maße des Objekts
80,5 x 100 cm
Ausgestellt
AP EG Kabinett 2
Referat
19. Jahrhundert
Gattung
Malerei
Inventarnummer
14556
Erwerb
1978 aus dem Kunsthandel erworben
Bestand
Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München
Zitiervorschlag
Jean-François Millet, Bauer beim Pfropfen eines Baumes, 1855, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ma4dlRj4rO (Zuletzt aktualisiert am 30.10.2023)
Mehr als die anderen Maler von Barbizon hat sich Millet, der selbst einer Bauernfamilie entstammte, dem Leben der Bauern gewidmet und aus diesem Leben charakteristische Figuren und Szenen dargestellt, die ihm zugleich symbolisch für das Leben schlechthin waren. Auf dem 1855 entstandenen Bild blicken wir in den Garten eines Bauernhauses und sehen vorn die junge Familie, den Mann beim Pfropfen eines Baumes, daneben die Frau mit dem Kind auf dem Arm, die beide den Vorgang betrachten. Vorn am Boden bemerkt man in einem Körbchen weitere Reiser und ringsum die notwendigen Werkzeuge, dahinter die abgesägten Teile der beiden jungen Bäume, hinter Mutter und Kind zudem einige größere Bäume und Kornpuppen als Bienenstöcke, schließlich das breit hingelagerte Bauernhaus mit Strohdach. Das meiste ist in dunklen Tönen von Braun und Grau gemalt, aber der lichtblaue Himmel, die mattblaue Wand des Hauses, die rote Weste des Mannes, die rosafarbene Jacke der Frau und die goldgelbe Kappe des Kindes stellen doch wichtige Akzente dar und hellen die Dunkelheit merklich auf. So aufmerksam wie Mutter und Kind auf die Tätigkeit des Mannes schauen, so sorgfältig, so konzentriert arbeitet dieser. Das Pfropfen gehört zum Alltag des Bauern, aber hier ist es etwas Besonderes. Der Vorgang wirkt geradezu feierlich; dementsprechend bedeutsam ist die Familie auch vereint. So wird es verständlich, dass der Künstler, wie sein früher Biograph Alfred Sensier überliefert, beim Malen an Verse aus Vergils »Georgica« dachte, wo es in Buch II bei der Zucht der Obstbäume und Reben heißt: »Pfropfen und Augensetzen geschieht nicht auf einerlei Weise: (…) Knotenlose Stämme hingegen schneidet man ab und Bahnt mit Keilen ins Kernholz tief einen Spalt; dann setzt man Fruchtreiser ein.« Offenkundig hat Millet das Pfropfen eines jungen Reises in Analogie gesehen zu Geburt und Heranwachsen des Kindes und alles eingebunden in den größeren Zusammenhang der Natur, des Lebens, wie auch Vergil mehrfach das nützliche und doch in sich ruhende Leben der Bauern preist. Die Eigentümlichkeit dieses Künstlers, das einfache Leben der Bauern feierlich zu erhöhen, symbolisch für Menschendasein schlechthin zu nehmen, das heißt, im althergebrachten Sinne von Gott her bestimmt zu sehen, diese Art hat van Gogh tief beeindruckt, und so ist denn Millet einer der ganz großen Künstler für ihn gewesen, mit dem er sich immer wieder auseinander gesetzt hat.

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