Dargestellt ist der 46-jährige baltische Schriftsteller Eduard Graf von Keyserling (1855-1918). Aufgewachsen in der patriarchalischen Adelsgesellschaft in Kurland und nach einem Jura-, Philosophie- und Kunstgeschichtsstudium, verwaltete er zunächst die elterlichen Güter. Im November 1895 zog er zusammen mit seinen ebenfalls literarisch tätigen Schwestern nach München. Hier gehörte Keyserling zu dem Schwabinger Künstler- und Literatenkreis.
In starkem Realismus ist die ausgemergelte Gestalt des Dichters vor einer kahlen Wand gegeben. Den schmalen Oberkörper spannt ein Jackett ein, das die langen Gliedmaßen durch den schlechten Sitz noch betont. Der magere Hals trägt ein schmales Gesicht, das eine faltige, nervös gerötete Haut kennzeichnet. Die wässrigblauen Augen blicken in sich gekehrt am Betrachter vorbei. Dunkelblondes Haar und ein Schnurrbart mit kleinem Spitzbart runden die Physiognomie eines früh gealterten, feinnervigen und dekadenten Intellektuellen ab.