Der Titel des Gemäldes, "Le déjeuner dans l'atelier", lenkt davon ab, dass es sich hier um ein Bildnis von Léon Koëlla Leenhoff handelt, dem damals sechzehnjährigen unehelichen Sohn der holländischen Pianistin Suzanne Leenhoff, die Manet 1863 geheiratet hatte. Der Vater von Léon war er wahrscheinlich selbst. Er hat ihn mehrfach dargestellt. Léon ist die Hauptfigur: nahe, gänzlich von vorn und fast über die volle Höhe gegeben. Die beiden anderen Personen, wie alles andere, sind ihm zu- und untergeordnet. Die Bedienstete, der Raucher, das Waffenstillleben auf dem Sessel, die Pflanze in dem farbenprächtigen Topf und der gedeckte Tisch, aber auch die Fenstertüre und die Landkarte im Hintergrund - alles ist auf den jungen Mann hin komponiert, hebt ihn hervor und lenkt doch zugleich von ihm ab. Das Nachdrückliche, mit dem er ins Bild gebracht ist, wird durch das Beiläufige gemildert, und so steht Léon nicht in der Mitte und ist nicht in ganzer Figur gegeben. Auch blickt er den Betrachter nicht an, sondern schaut verschlossen, ein wenig blasiert, ein wenig melancholisch an uns vorbei.
Manet hat mit diesem Bildnis den modernen Typus des Dandys gegeben, dessen Selbstverständnis zwischen Überlegenheit und Einsamkeit spielt. So modisch er gekleidet ist, so sehr er den eleganten jungen Pariser verkörpert, so sehr steht er andererseits in einer weit zurückreichenden Tradition, die Manet geradezu zitiert, denn die Waffen und der Helm links wie auch das holländische Stillleben auf dem Tisch erinnern an die Zeit vor zweihundert Jahren. Damit ist zugleich der Hinweis gegeben, in welcher Tradition Manet sich selbst sah. Andere seiner Werke bestätigen, dass Rubens, Velazquez, Frans Hals und die holländischen Stilllebenmaler zu den Künstlern gehörten, an deren Werken er sich orientierte oder die ihm von Malern der jüngeren Tradition, etwa Goya und Delacroix, vermittelt wurden.