Ferdinand Hodlers Gemälde "Die Lebensmüden" ist ein Bild, das Anstoß erregte. Der harte Realismus der Figuren wie die Frontalität der Darstellung ließen das Gemälde auf Ablehnung beim Publikum stoßen, während die Kunstkritik erst nach und nach die Radikalität der Komposition zu würdigen vermochte. Denn der vertikale Parallelismus, der, wie auch in dem Berner Bild "Die enttäuschten Seelen", den Betrachter zur Ansicht von fünf nebeneinander aufgereihten Greisen zwingt, formulierte eine Bildsprache, deren formaler Rigorismus unversöhnlich und abweisend erscheinen musste. Dabei ist auch das Thema bereits eine Zuspitzung und Reduzierung aus den traditionellen Lebensalterdarstellungen, welche allerdings die Tragödie des vergehenden Menschen noch mit der Hoffnung des neuen Lebens verbinden. Nichts davon gibt es jedoch bei Hodler, der die Lebensmüden noch in der Gleichartigkeit der Haltungen und in der Symmetrie des Bildaufbaus zum ornamentalen Fries verhärtet.