Überrascht, fragend, vielleicht sogar mit einem Anflug von Ärger fixiert uns der Gelehrte über seine Schulter hinweg. Sein jugendlicher Schüler mit den weichen braunen Locken und den dunklen Augen scheint gerade noch den Unterweisungen des Lehrers gelauscht zu haben, der mit Zirkel und Astrolabium die Vermessbarkeit von Himmel und Erde demonstriert. Aktuelle Forschungen sprechen dafür, das Doppelporträt mit einem Werk Giorgiones zu identifizieren, das der Künstlerbiograph Giorgio Vasari im Palazzo der Familie Borgherini in Florenz gesehen hatte: dem Bildnis des jungen Giovanni Borgherini mit seinem Lehrer aus Venedig. Tatsächlich entspricht der Charakterkopf des hier dargestellten Humanisten dem überlieferten Aussehen des venezianischen Astronomen Trifone Gabriele (1470–1549), als dessen Schüler der junge Giovanni Borgherini bezeugt ist.
Für mehr Informationen zu Geschichte und Zuschreibung des Gemäldes siehe die Beiträge von Antonio Mazzotta und Johanna Pawis in: Venezia 500<<. Die sanfte Revolution der Venezianischen Malerei, Ausstellungskatalog, hg. v. Andreas Schumacher, München 2023.