Ein junger Mann geht eine staubige Straße entlang, in seiner rechten Hand trägt er eine gefüllte Reisetasche. Er scheint die Hauptperson dieser Arbeit zu sein. Doch wie in so vielen Fotografien des kanadischen Künstlers Jeff Wall ist es vielmehr die Umgebung, die die Erzählung trägt. Wir sehen eine karge Landschaft im Vordergrund, die einen Kontrast zur eintönigen Ansammlung von sich ewig fortsetzenden Lagerhäusern im Hintergrund bildet. In der Bildmitte steht eine Moschee mit zwei Minaretten. Sie markiert nicht nur den höchsten Punkt des Stadtteils, sondern auch den Übergang zwischen dörflicher Landschaft und städtischem Industriegebiet.
Entgegen dem ersten Eindruck handelt es sich nicht um eine dokumentarische Fotografie. Das Bild wurde inszeniert beziehungsweise reinszeniert und zeigt einen jungen Zuwanderer, den Jeff Wall kurz zuvor bei seinen Recherchen zu dieser Bildidee in Mahmutbey kennengelernt hatte. Der Titel der Arbeit gibt den Start- und Zielpunkt der Reise des jungen Mannes an. Er stammt aus dem christlich-aramäischen Dorf Arıca Koyu, das in der türkischen Provinz Batman, unweit der syrischen Grenze gelegen ist. Sein Weg führte ihn ins 1500 Kilometer entfernte Mahmutbey, einem durch illegale Ansiedlungen und ausufernde Gewerbegebiete stark expandierenden Vorort Istanbuls.
Die diagonal ins Bild gesetzte staubige Straße im Bildvordergrund findet ihre Wiederholung in den Stromleitungen, die sich ebenfalls diagonal durch den Himmel ziehen – beide wirken wie ein Symbol der Verbindung zwischen verschiedenen Orten, stehen für die unendlichen Kilometer, die auch der Ankömmling zurückgelegt hat. Dabei ist unklar, ob die Reise tatsächlich beendet ist.
Über 20 Jahre nach Entstehung dieses Werks steht die Arbeit geradezu sinnbildlich für die unaufhörlichen Ströme unserer Gegenwart, das verzweifelte Fliehen und hoffende Erreichen, bei dem jedes Ankommen nicht unbedingt Stillstand bedeutet, sondern oft nur eine Etappe von vielen ist.