Da die Darstellung des menschlichen Kopfes seit den frühen Zeugnissen in der
Kunst der Alten Ägypter bis hin zu den Werken Constantin Brancusis, Alberto
Giacomettis und Wilhelm Lehmbrucks jeweils „etwas total anderes bedeutet“,
fände Balkenhol es verwunderlich, „wenn ein Kopf heute nichts mehr hergeben
sollte“. Seit 1981 stellt sich der Künstler immer wieder der Herausforderung,
eine Formulierung für den modernen Menschen zu finden. In „Großer Kopf“ sind die Züge eines jungen Mannes mit groben und rasch gesetzten Beitelschlägen aus dem bleichen Wawaholz herausgearbeitet. Werkzeugspuren, Risse und Splitterungen im Holz bleiben ungeglättet, die Kolorierung ist auf wenige Akzente beschränkt. Die Skulptur wirkt skizzenhaft und ist frei von Stilisierungen – etwa ins betont Expressive oder Naturalistische – gleichermaßen wie von spontaner Gestik und Attributen, die Hinweise auf einen persönlichen oder sozialen Kontext geben könnten. Die Begegnung mit diesem in einer langen Traditionsreihe stehenden Kopf, der mit einer eigenartig zurückhaltenden Präsenz den Raum überschaut, in dem er steht, wirkt überraschend und fast fremd in unserer Gegenwart, in der kein übergreifender Stil, keine stringente und maßgebende Entwicklungslinie existiert und die künstlerische Arbeit aus einer kaum mehr überschaubaren Vielfalt an Anregungen und Haltungen entwickelt wird. Es ist daher stets denkbar, dass der Künstler morgen etwas ganz anderes macht. Genau
dieses Phänomen scheint auf den Kopf übertragen und verleiht dem oberflächlich ruhig und gelassen wirkenden Gesicht eine unterirdische Spannung, die den modernen, auf sich gestellten Menschen charakterisiert. Ein zeitgenössischer Durchschnittsmensch ist hier monumentalisiert und „Denkmal“ geworden.